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Dienstag, 7. Februar 2023

Über das Schule - Meiden und Partys zum Abschiebeverbot

In der Stille dieser Nacht versuche ich, mich auf mein neues Buch zu konzentrieren. "Flucht. Eine Menschheitsgeschichte" heißt es. Ich lese die ersten Zeilen. Es geht um einen Bauern, der im Jahre 1945 dazu gezwungen wird, sein Haus und seinen Hof zu verlassen. Eine Existenz, die er sich mühsam aufgebaut hat. Auf dem Weg aus seinem Dorf hinaus begleitet ihn sein Hund, der immer zögerlicher wird, je weiter er sich von seinem Landgut entfernt. Den er schließlich dorthin zurückschickt und mit gebrochenem Herzen seinen Weg fortsetzt. Es lässt eine Schwere in mich einkehren. 
Ich schweife mit den Gedanken zu meinem heutigen Arbeitstag ab, den ich eng mit dieser Geschichte verknüpfe. Ehe ich's mir versehe, bin ich wieder bei einem Jungen, der selbst einen weiten Weg hinter sich gebracht hat, um hierherzukommen. Er nennt unsere Stadt seine neue Heimat und lernt nun die Sprache. Er besucht die Schule, und doch gibt es Kritik, die ich mit ihm in Form eines Briefes in Händen halte. Warum er so oft unentschuldigt fehle in folgenden Fächern: Deutsch, Mathematik... Ich lese ihm leise vor, damit er folgen kann. Er murmelt mit und ahmt meine Worte nach, ohne wirklich viel zu verstehen. Im Folgegespräch ergibt sich eine Kausalitätskette, deren Ende ich nicht hätte vorhersehen können. Wir springen von Stein zu Stein. Zu spät kommen - Kopfschmerzen im Unterricht - Abbruch und Rückkehr nach Hause - Kopfschmerzen wegen unzureichendem Schlaf - wenig Schlaf durch viel Nachdenken - viel Nachdenken aus Sorge um die Eltern - Sorge, weil Schlepper oder Förderer der Flucht sie mit offenen Geldforderungen in der Heimat unter Druck setzen. Forderungen, die die Eltern nicht begleichen können, und mit denen sie ihren Sohn in der Fremde betrauen möchten. Dieser Junge hält die Sicherheit seiner Eltern in seinen Händen. Große Hände, mit denen er sich übers Gesicht reibt und mit denen er sich die dicke Markenjacke fester um den Körper zusammenzieht, der in einem traditionellen Shalwar Kameez steckt. Eine Überraschung der schlechten Sorte. Und doch bin ich ihm dankbar dafür, dass er das - nach Monaten zum ersten Mal - erzählt und damit seine Sorgen auf den Tisch legt. Wir stecken unsere Köpfe über dem kleinen Sofatisch zusammen und rätseln, wie nun weiter vorzugehen wäre. Es ist klar: es wird hier keinen ruhigen, klaren und konzentrierten Kopf geben, solange dieser Erwartungsdruck und diese Angst weiter auf ihm lasten. Die Lösung hierzu steht in keinem Lehrbuch für Soziale Arbeit und will nun im Dialog gefunden werden. Wir haben eine Aufgabe zu lösen, für die wir unseren Verstand benötigen. Und Mathematik. Und gutes Abwägen. Und dabei nicht vergessen dürfen, dass hier ein "Schulkind" sitzt, dessen Aufgabe es nicht sein sollte, arbeiten zu gehen und zu schnell erwachsen zu werden. 
Er zieht sich seine neue gefälschte Gucci-Mütze tiefer über die Stirn und schaut mich von der Seite an. Er lächelt verlegen und doch auch erleichtert. Erzählt bedauernd, wie seine Freunde sich bei ihm zum Essen im Restaurant eingeladen haben, um sein Abschiebeverbot zu feiern. "Du hast einen deutschen Pass. Nun musst du uns zum Essen einladen.", zitiert er und zuckt lachend mit den Schultern, als er gesteht, dabei viel zu viel Geld verloren zu haben. Und dabei sei es diesen Monat gar nicht die erste Party dieser Art gewesen. Abschiebeverbots-Partys, die neue Art zu feiern in dieser Stadt, sage ich lachend. Und sich zu verschulden, fügen wir an und hegen Ideen, wie man einmal monatlich gemeinsam gesammelt die Verbote des letzten Monats gemeinsam feiern könnte und damit verhindern könnte, dass die jungen Menschen vom Siegestaumel geradewegs in die Verschuldung getrieben werden. Ein Grund zum Feiern ist es allemal. Restaurants sind sowieso überteuert dieser Tage. Wie wäre es da wohl mit dem Kochen zuhause, weitaus preisgünstiger! Die Stimmung hat sich aufgelockert, die Sonne bricht durch die Wolken und bahnt sich ihren Weg. Gehen wir diesen Weg zusammen. Schreiben wir dieses Leben zusammen fort. 

Samstag, 18. Dezember 2021

Über Hängebrücken und Tränen und Licht

Du, ya abu, mein Vater, greifst meine Hand. Dein Druck ist ungewöhnlich kräftig und ich schaue dich überrascht an. Du strahlst mich an, bist kräftiger als sonst. Äschi, komm, sagst du, ich will auf die Toilette. Ich bin überfordert, rufe instinktiv nach muema, Mutter, deiner Frau. Sie ist nicht da, sagst du. Sie ist rausgegangen. Ich nicke, ist gut, ich rufe nach A., deinem Sohn, meinem Mann. Er reckt den Kopf über die Menge an Köpfen der Menschen hinweg, die sich in eurem Hausflur tummeln. Er ist zu weit weg, schüttelt den Kopf. Du sagst, alles gut, M., mach Dir keine Sorgen. Komm, wir gehen. Wir besteigen die hölzerne Hängebrücke. Die Planken knarren unter unseren Füßen und wiegen sich unter unseren Schritten, als wir darauf den Flur durchqueren. In unserem Rücken deine Brüder und Schwestern mit ihren Familien. Vor uns ein langes Klettergerüst, wie das eines Spielplatzes. Du lachst und tapst langsam vorwärts, Schritt für Schritt, Schritt für Schritt gehen wir nebeneinander her. Dann wache ich auf. 

Ich habe von deinem Tod geträumt, ya abu. Vor ebendieser Szene war ich dir bereits begegnet, in deinem Schlafzimmer. A., muema, eure Tochter I. und ich hatten alle an deinem Bett gesessen. Ich habe mich neben dich gesetzt und deine Hand genommen. Du warst hochgeschreckt und hattest gefragt, wer da sei. Ana m., ich bin M., hatte ich gesagt und deine Hand zu wärmen versucht. Beruhigt hattest du dich mit deinen erblindeten Augen und deinem viel zu leichten Körper in die mächtig erscheinenden Daunenkissen zurücksinken lassen. 

Ich habe von deinem Tod geträumt, ya abu. Und eine Woche später liegst du im Sterben. Dass es irgendwann so weit sein würde, ahnten wir. Viel zu wenig wogst du, hattest an Kraft und Energie verloren. Dein Augenlicht war dir gewichen und der Zucker plagte deinen Körper. Still, so still kamen weitere Leiden hinzu. Du bissest die Zähne zusammen. Als dir eines Nachts die Mauern deiner Festung zusammenbrachen, da war es fast zu spät. Im Krankenhaus konnten sie dir kaum noch helfen. Zuhause sei nun der bessere Ort für dich, für deine letzten Tage, sagten die Ärzte. Und da bist du nun, zurück zuhause. Wir können nicht bei dir sein, das geht eigentlich, sagt A. Ich umarme ihn, während er mit seiner Schwester, deiner Tochter telefoniert. Ich halte ihn, während er sich die Hand über die Augen legt und sich sein Mund verzieht. Ich sehe zu, wie seine Wangen feucht werden und spüre, wie sein Körper unter meinen Armen von Schluchzern erschüttert wird. Ich weine, weil er weint. Ich weine, weil es weh tut.

Aber ich höre nur Tröstliches, ya abu. Alle sind da, jeden Tag, und kommen dich besuchen. Ich sehe Arme, die deinen schmalen Körper im Arm halten, Arme von Onkeln, Tanten, Freunden von A., die extra zu dir kommen. Sie sprechen dir Mut zu, sie verzeihen dir für das, was lange zurück liegt, sie vergeben dir, wo du dich verschuldet hast, sie erleichtern dich. Jeden Tag erreichen uns neue Nachrichten und Anrufe. Manchmal werfen sie uns zurück, lassen uns zusammenbrechen unter der Sorge. Manchmal bringen sie uns zum Lachen: wenn du heimlich um ein Stück Kuchen gebeten hast, völlig schädlich für deinen Zucker. Wenn du dir ein Fußballtrikot von deinem zweiten Sohn aus Spanien bestellst, der ebenfalls festsitzt und nicht zu dir kann. 

Heute haben sie gesagt: deine Augen sind geweitet und blicken in die Ferne. Du leuchtest, dein Zimmer ist voller Licht. Ya abu, was siehst du? Was ist da, am Ende der Hängebrücke? Seist du umarmt und warm gehalten und geliebt, seist du im Herzen frei. Dein Sohn liebt dich über alles, ich sehe ihn wanken und kämpfen. Wir wollen uns damit trösten, dass du von so viel Liebe und Licht umgeben bist. Wir sind dir verbunden, sagt meine Mama. Und dass Verbindung auch über lange Wege möglich und real ist. Ich will mich daran halten, ya abu. Danke, dass ich dich kennenlernen durfte. Wenn Gott will, halte Gott dich noch hier. Ich denke an dich. Wir denken an dich. 

Freitag, 16. Juli 2021

Über Wutausbrüche und Kolonialismus

Ich habe nie gesagt, dass es einfach wird. An manchen Tagen möchte ich explodieren und alles hinschmeißen und gehen. Dann erinnere ich mich: ich habe dich geheiratet, ich habe Ja zu dir gesagt. In guten und in schlechten Tagen. Da gibt es kein: ich hab keine Lust mehr auf das alles. Da ist ein "Ich stelle mich dem, ich halte das jetzt aus, ich kläre das mit dir" nötig. Niemand hat mir gesagt, dass das leicht wird. Es ist manchmal verdammt schwer. Es ist Arbeit. Es ist Verständigung. Es ist Wut und Tränen, es ist Freude und Lachen, es ist Liebe und Nähe. Es ist Vergebung und Verständigung. Verständigung, verdammt schwierig manchmal: wir kämpfen um die richtigen Worte. Dir fehlen sie manchmal, meine Sprache begrenzt dich in deiner Ausdrucksweise. 

Ich weiß immer noch nicht viel über deine Heimat, war nie dort, höre nur von dir darüber. Vieles bleibt im Moment noch im Dunkeln. Für mich und mein Bild, meine Erwartungen von einem Lebensstandard, eine Herausforderung: zu akzeptieren, dass es woanders andere Lebensentwürfe gibt. Zu respektieren, dass du nicht alles aufgeben kannst. Immer wieder, wenn ich deinen Zorn spüre, den du auf die Kolonialmächte hast wegen dem, was sie deinem Land angetan haben, muss ich mich daran erinnern, wie sehr sich die Geschichte deines Landes von der meines Landes unterscheidet: du kommst aus einem Land, das bis heute unter den Folgen des (Neo-) Kolonialismus leidet. Es ist seiner Bodenschätze beraubt, seine Einwohner*innen leben nicht selten in Armut, Arbeitslosigkeit, ohne staatliches Hilfssystem und so mancher verschwindet zwischen Drogen und Kriminalität. Du sagst, man findet dort höchstens als Mann einen Job - als Frau muss man schon eine Ausbildung gemacht haben, um überhaupt eine Arbeit zu finden. Ansonsten wird man ausgebeutet - 12 Stunden Arbeit für 10€ am Tag. Ich kann es mir nicht vorstellen, mir ist das alles fremd. Manchmal wandelt sich der Zorn, den ich bei dir spüre, bei mir in Frust, Ärger, und Vorurteile: ich sehe nur einen wütenden Mann, der sich von seinen Gefühlen mitreißen lässt, der den Kapitalismus verflucht, und die Zusammenarbeit diverser Weltmächte, die Ressourcen plündern und sich erlauben, zu bestimmen, wem denn nun welcher Teil der Sahara gehört. Als ob Australien zu uns käme und sagen würde: der Rhein gehört bis zum Kilometer XY zu euch Deutschen, der Rest bleibt aber bitte Frankreich. Was geht denn da ab? Wer nimmt sich denn hier dieses Recht heraus, über eure Grenzen zu bestimmen? Sollte es nicht Sache der betroffenen Länder sein, dies miteinander auszuhandeln? 

Deine Familie, dein Land, sie klammern sich an die Religion, die ihnen Kraft gibt, dort, wo Armut, Ausbeutung und Perspektivlosigkeit herrschen. Du verteidigst sie und klagst zugleich diejenigen an, die euch das angetan haben. Manchmal lässt du dich davon mitreißen, und ich mache dicht, ich halte so viel Vorwurf nicht aus, fühle mich erinnert an Verschwörungstheoretiker. Ich verstehe aber auch: ich durchblicke nicht alles, es mag sein, dass du mit vielem Recht hast, und ich gerne die Augen vor diesem abstrusen Neokolonialismus verschließe. Auch mich machen diverse politische Akteure wütend, vielleicht nur aus anderen Gründen: weil sie die Klimapolitik nur halbherzig verfolgen, sich immer wieder von Wirtschaft und Automobilindustrie und Kohlebau einlullen lassen und unsere Erde an die Wand fahren. Das macht mich wütend, es sind also einfach unterschiedliche Themen, die wir haben. 

Wichtig ist es für uns, nicht die Nerven zu verlieren und auch immer wieder zu uns zurückzukehren. Verständnis aufzubringen für die Wut des anderen, auch wenn mir das manchmal schwer fällt. Aus dem Strudel des Frusts auch wieder herauszukommen, zu überlegen, was können wir im Kleinen tun, was können wir tun, um uns und einer kleinen Gruppe anderer etwas Gutes zu tun. Die Wut in produktive Energie umwandeln, um uns nicht davon zerfressen zu lassen. Aufpassen auf uns. 

Du sagst: Warum weinst du? Warum bist du nun wütend? Wir haben nur geredet. Du sagst auch: Es tut mir leid, manchmal werde ich so wütend, ich weiß nicht mehr, was ich sage. Ich sage: Ja, es ist zu viel, was ich da an Wut bei dir spüre. Ich ertrage das nicht. Es schafft mich und raubt mir die Kraft. Finde einen Punkt. Verliere dich nicht darin. Obwohl es ja gar nicht gegen mich gerichtet war. Du würdest kein Wort gegen mich richten. 

Und so raufen wir uns zusammen. Fangen einander auf. Federn vom Boden ab. Gehen weiter unseren Weg zusammen. Und hinter jeder Biegung wartet Neues, das es zu entdecken gilt.

Freitag, 3. April 2020

Mittagspause auf Ungarisch

"Ich glaube an Gott. Aber ich bin nicht an der katholischen Kirche verhaftet." Ich stocke kurz und setze dann fort. "Aber was ich liebe, ist die Osternacht. Bei meinen Eltern auf dem Dorf", sie leben im Kraichgau, "da versammeln wir uns dann immer um das große Osterfeuer in der Nacht. Alles ist dunkel. Dann ziehen wir in die Kirche, die ebenfalls dunkel ist. Und dann, von Kerze zu Kerze, wird es heller." Sie nickt, lächelt und ihr Blick wandert von meinem Gesicht Richtung Fenster. Ich nehme einen Schluck Kaffee. Sie atmet tief aus, beseelt. "Ja, ja... und weißt du, am meisten liebe ich die Glocken, wie sie dann nachts zu läuten beginnen." Sie schaut mich wieder an, und ihre blauen Augen fangen in dem sonnengebräunten, strengen Gesicht zu strahlen an. Kleine Lachfalten erscheinen um ihre Augen, als sie weitererzählt. "Damals, als wir noch in Ungarn gelebt haben, das war ein großes Fest. Alle waren da. Das hat mich berührt." Ich lächele. Sie fährt fort. "Und dann, dann konnten wir es kaum erwarten, nach Hause zu kommen. Und weißt du, warum?" Ich warte auf sie. "Weil sich alle auf diesen Tag vorbereitet hatten. Meine Großeltern haben Fleisch geräuchert, die ganze Fastenzeit hindurch. Wie nennt man das auf Deutsch..." Sie zögert. "Vielleicht eine Art Schwartenmagen. Es war köstlich! Und die Zwiebeln dazu. Rote Zwiebeln. Die werde ich nie vergessen. Zwiebeln so süß wie kleine Äpfel. Das glaubst du nicht! Das war so köstlich. Das ganze mit frisch gebackenem Brot." Sie seufzt. "Wir waren so glücklich. Das fehlt mir. Heute geht das alles verloren." Ihr Blick verhärtet sich, Sorgenfalten legen sich über ihre Stirn. "Die Menschen verlieren den Kontakt zu ihren Traditionen, sie wissen nicht mehr, woher sie kommen. Alles ist so modern, es zählt nur noch, shoppen und Party machen. Das gefällt mir nicht." Sie hält inne. "Weißt du, was mich fasziniert hat? Wie Muslime den Ramadan feiern. Da gibt es ganze Filme darüber. Das hat mich so berührt, wie diese jungen Menschen alle zusammen kommen und feiern. Die leben ihre Tradition dort. Das brauchen wir auch."

Montag, 30. März 2020

Was ich suche, ist Struktur. Was ich suche, sind Ziele. Ich komme nicht an. Wo will ich denn hin? Tausend Ideen, keine zu Ende gedacht. Mir fehlt Energie, um angefangene Dinge fortzuführen. Energie? Vielleicht auch nur Motivation. Ich sehe nicht das große Ganze. Und das, obwohl ich das Gefühl habe, dass ich ein enormes Potential hätte. Aber wo will ich hin? Worin vertiefe ich mich? Wo liegen meine Stärken? Es sind mir zu viele Fragezeichen und zu wenig Aktion. Ich muss irgendwo anfangen. Vielleicht, indem ich irgendwo aufhöre. Ja, das könnte es sein. Ich muss verstehen, wohin ich meine Zeit verschwende. Das sind ehrlicherweise schon die Filme und Serien.
Ich muss mir Dinge aufschreiben und sie mir dann vor Augen halten. Das, und das, und das werde ich morgen angehen. Ja, vielleicht braucht es tatsächlich eine halbe Stunde am Abend, die ich mich an meinen Schreibtisch setze und nach vorne schaue. Und vielleicht braucht es das, was ich jetzt tue, indem ich nach hinten schaue. Dabei fällt mir auf, es fehlt, dass ich in mich reinschaue. Was brauche ich eigentlich gerade? Wie fühle ich mich? Mir ist warm, aber Fieber habe ich nicht. Mir ist ein bisschen Schleim im Hals und ich habe Verspannungen, die sich über den ganzen Rücken, Nacken und bis hin zum Kreuz erstrecken. Auch die Ober- und Unterarme sind davon betroffen. Muskelkater von der Gartenarbeit. Noch so ein unerledigtes Projekt. Die Samen liegen bereit. Es gestaltet sich nur mühsamer, als ich es mir vorgestellt habe, so ein kleines Beet angemessen vorzubereiten. Hat mir vorher keiner gesagt, dass es so anstrengend werden würde. Ich glaube, ich muss hier raus. Den Kopf freibekommen. Ich kann nicht abschalten, es ist zu warm hier im Zimmer.

Dienstag, 18. Februar 2020

Eier in der Pfanne

Du stehst am Fenster und erzählst mir von deiner Jugend. Ich liege ausgestreckt auf unserem nächtlichen Lager. Es ist einer unserer besseren Momente. Ich lasse vor Lachen mein Weinglas kleckern, rote Flecken landen auf meinem T-shirt.
Ich erzähl dir eine Geschichte, sagst du. Damals, als ich das erste Mal Wodka probiert habe. Die Party einer Klassenkameradin. Deine Freunde wollten nicht mittrinken, du trankst alles alleine. Du kamst heim, kurz bevor der Muezzin singen würde. Leise öffnetest du die Tür... im falschen Stock. Dein Nachbar völlig verwundert: was willst du, Junge. Enschlllgung, enschlgng, flüsterst du lachend. Trittst verschämt den Rückzug in die höhere Etage an. Leise, die Tür, leise, der erste Schritt... und du stolperst über den Perser-Teppich. Wie Jesus hat es dich hingelegt, Arme und Beine von dir gestreckt, sieht dich deine Mutter dort liegen, die sogleich aus dem Bett kommt. In dieser Nacht, habe sie dich nicht schlafen gelassen. Fünf mal, sechs mal sei sie an dein Bett gekommen, um dir die Decke vom Kopf zu ziehen und dich zu schelten. Wir lachen und lachen.
Noch eine, noch eine, bitte ich.
Du zögerst. Die Glut fällt in den Wind. Ja, da war das mit den Eiern. Betrunken seist du nach Hause gekommen und mit einer Menge Hunger. Du schlichst dich in die Küche und begannst, eine Pfanne zu... nun ja. Die zwei Eier fanden ihren Weg in die Pfanne. Nicht so die Hitze. Das Gas war an, das Feuer vergasest du. Minutenlang hättest du wütend die Pfanne geschwenkt und schließlich resigniert aufgegeben. Die Eier landeten im Müll. Dein Bruder - die Ruhe in Person, saß in einer dunklen Ecke und sah dir dabei zu. Die ganze Zeit. Und kein Ton. Das, sagst du, ist mein Bruder. Und schmeißt dich vor Lachen weg.

Refugee camp: Thoughts about greeting

I answer hate with love,
I never lose my mind.
No matter what you look like,
Which color you have,
I will greet you with a smile.
I will say Hello to you.
And I never get tired.
Even after three years in the camp,
I will never grow tired,
of saying hello to a person,
that is crossing my path.
How could I pass you without saying:
Hello!
How are you?
Even if I'm shy,
and I surely am an introvert,
I will never grow tired of saying
Hello, and how are you?
They can't break my smile.
And guess what?
I always get a smile and a hello as an answer.
People won't hate me.
Because I make a difference.
I'm seeing you as a person,
that is crossing my path.
You may be an old woman with Hijab
and worries all over your face.
You may be an old man with no language,
just saying Salaam and answering with laughter and "Hello, hello".
You may be a young woman with a little child,
far away from your husband, maybe got raped.
You may be a young man, who had to leave his family back home,
insecure and without good friends here.
You may be a child,
laughing all over your worried face.
I don't mind, who you are.
The sun shines through you,
when I greet you,
and it reflects in my eyes,
when you smile back to me.
We connect.
With no effort.
Just caught up in humanity.
I love your smile.